Wagners Insekten-"Ring in 90 Minuten" in Bregenz umjubelt
Insekten-Brutalität statt Götter-Machtkämpfe: Mit einer radikal gekürzten, aber sehr kreativen Version von Wagners vierteiligem “Ring” haben die Bregenzer Festspiele Samstagabend auf der Werkstattbühne in einer Aufführung des Theaterkollektivs Hotel Modern einen wunderbaren Abend – nicht nur für Wagner-Fans – geboten. Das Publikum dankte mit großem Beifall.
Während zeitgleich in Bayreuth mit dem “Rheingold” Richard Wagners monumentaler “Ring des Nibelungen” seinen Ausgang nahm, wurde in Bregenz die extrem komprimierte Version der Tetralogie, “Ring in 90 Minuten”, erfolgreich aufgeführt. Hotel Modern hatte vor einer Woche bereits bei der Hausoper “Moses in Ägypten” wesentliche Bühnenimpulse gesetzt und nun gemeinsam mit dem Niederländischen Bläserensemble den im Wagner-Jahr 2013 geschaffenen “Ring in 90 Minuten” für Bregenz wieder aufgenommen. Dabei benötigte man noch nicht einmal die avisierten eineinhalb Stunden, war die Aufführung doch nach kurzweiligen 75 Minuten zu Ende.
Die von Wotan und seinen Göttern, sowie Heroen, Riesen und Zwergen bei Wagner bis zur Götterdämmerung ausgelebten Leidenschaften Liebe, Eifersucht, Hass, Verrat, Macht- und Goldgier werden in der Kürzestversion des Hotel Modern in die Insektenwelt übertragen. Der Westentaschen-Ring lebt von der kompakten Instrumentalversion (Willem van Merwijk) und den 21 Musikern des Bläserensembles mit Solistenqualität sowie der filmischen Präsentation durch Hotel Modern.
Wagners Ring wird ohne chronologische Abfolge in cineastisch kurze Episoden geteilt. Der Clou besteht darin, dass Hotel Modern für die handelnden “Personen” Insekten einsetzt. Kleine Modelle werden via Handkamera live auf eine Großleinwand projiziert. Im Kerbtier-Miniaturtheater sind Wotan, Siegfried, Alberich oder die Walküren zu Spinnen, Käfern, Wespen, Ameisen, Schmetterlingen oder Gottesanbeterinnen geschrumpft. Die Welt der Nibelungen wird in das analog brutale Insektenreich übersetzt, in dem drei Quallen als “Rheintöchter” vergeblich den Goldschatz hüten.
30-7-2017